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Wahlperiode 12, Band V/1, Seiten 156 und 157
156
Protokoll der 47. Sitzung

in Polen abgesagt haben. Das waren doch auch andere. Nennen sie einen
englischen oder einen anderen Politiker, der sich damals mit Ihnen getroffen
hätte.

(Abg. Poppe (Bündnis 90/Die Grünen): Doch! Gab es!)

Also bitte, da muß Objektivität herrschen.

Ohne diese Atmosphäre hätten alle Dissidenten – da waren Havel, Sabatova,
ich und all die anderen noch zusammen – im Westen niemals das bedeuten
und bewirken können, was diese Opposition nach 1977 immerhin bedeutet
hat. All die Preise, die einige der damaligen Schriftsteller bekommen haben,
waren doch auch Teil der Politik, die von den Vertretern der damaligen
Entspannungspolitik bewirkt worden ist.

Ich möchte nur noch sagen, daß ich bei den Gesprächen mit Willy Brandt, die
ich zu diesem Thema mehrmals mit ihm gehabt habe, gewarnt habe: Setzen
sie nicht auf die Bilaks und die anderen, weil deren Macht vorübergehend ist.
Es sieht nur so aus, als ob sie weiter Geschichte machen werden. Das war
1987. Sie haben das zwar zur Kenntnis genommen, haben sich aber sicherlich
nicht immer daran gehalten. Das ist, wenn Sie so wollen, die Tragödie der
Realpolitik. Die ehemaligen Realpolitiker hasse ich eigentlich; das gebe ich
zu.

Abg. Meckel (SPD): Ich möchte mit einer persönlichen Bemerkung beginnen.
Sie betrifft die persönliche Begegnung hier mit Zdenek Mlynar. Es war Ende
der siebziger Jahre, als ich das erste Mal sein Buch „Nachtfrost“ in die Hand
bekam, das hier schon angesprochen worden ist. Es hatte für mich damals
eine große Bedeutung. Zum einen historisch, um über das, was 1968 passiert
war, mehr zu erfahren, aber zum anderen in zwei weiteren Hinsichten. In
erster Hinsicht war dieses Buch besonders wichtig, weil für jemanden, der
in der DDR lebte, aus diesem Buch analog zu schließen war, wie auch
innerhalb der DDR zwischen Partei- und Regierungsapparat Strukturen und
Entscheidungsprozesse überhaupt liefen. Jedenfalls dafür, das, was man in der
Zeitung gelesen hatte, besser einordnen zu können, war dieses Buch für mich
ausgesprochen wichtig.

In zweiter Hinsicht hat dieses Buch für uns heute, glaube ich, eine große
Bedeutung. Ich habe in seinem Buch die klare Ehrlichkeit hinsichtlich der
Unterscheidung von drei Ebenen bewundert: der Ebene der Beschreibung
dessen, was abgelaufen ist, der Ebene der Beschreibung dessen, was Zdenek
Mlynar damals dachte, tat und weshalb er es tat, und der dritten Ebene, von
den ersten beiden ganz klar unterschieden, die Meinung, die er im nachhinein
zu den beiden Vorgängen hatte, sowohl zu den Ereignissen als auch zu seinen
früheren Gedanken und Motiven. Gerade letzteres ist, glaube ich, etwas, was
uns in bezug auf die Beschreibung der Fragen, die uns hier beschäftigen,
insgesamt sehr guttut. Deshalb an dieser Stelle dieser persönliche Dank.

157
Internationale Rahmenbedingungen (CSSR 1968, Polen 1980/81)

Ich will jetzt auf einige Sachfragen kommen. Es ist schon gestern die
Diskussion über die Bedeutung Gorbatschows geführt worden. Es wurde die
Frage gestellt, wieweit es in der Sowjetunion eine Reformelite gegeben hat.
Ich bin dankbar, daß mit dem, was jetzt noch einmal gesagt worden ist, meiner
Meinung nach klar bestätigt wurde, daß es eine solche Reformelite gab und
daß gleichzeitig ihre Begrenzung auf eine Reform des sozialistischen Systems
und der Wirtschaft deutlich herauskam.

Drei Fragen hätte ich, und zwar insbesondere an die nicht in Deutschland
lebenden Gäste. Erste Frage: Die tschechischen Gäste sprachen von der
moralischen Haltung, der inneren Notwendigkeit, die man in sich fühlte, die
man immer nur erst einmal für sich selbst haben kann, nämlich ein Leben in der
Wahrheit zu führen. Wir haben dies – auch ich selbst – früher so ausgedrückt,
daß man sich, auch wenn man nicht unbedingt glaubt, politischen Erfolg mit
dieser Haltung zu haben, morgens noch im Spiegel anschauen können muß.
Dies ist ein ganz wichtiges Motiv moralischen politischen Handelns. Wann hat
sich dieses Motiv in der Tschechoslowakei um den Aspekt erweitert, daß man
wirklich glaubte, daß sich das System durch das konkrete politische Aktivsein
verändern läßt? Kann man da Zeitpunkte angeben? Das ist natürlich schwierig;
aber eine Antwort auf meine Frage wäre für mich interessant.

Meine zweite Frage ist von Zdenek Mlynar zum Teil schon beantwortet wor-
den. Sie bezieht sich auf den Beitrag, den die Opposition in Ostmitteleuropa für
die Veränderung des Herbstes 1989 und die Gesamtveränderung, die natürlich
schon vorher ansetzte, geleistet hat. Es wird oft so dargestellt, als wenn die
gesamten Veränderungen, die im Osten Europas passiert sind, eigentlich nur
ein Reflex auf das Handeln im Westen sind. In bin da anderer Meinung;
auch Zdenek Mlynar hat darüber gesprochen. Ihre Einschätzung, wie man die
Gewichte verteilen kann, wäre mir wichtig.

Das letzte, eine sehr aktuelle Frage: Welche Lehren ziehen wir aus der
Vergangenheit, aus der Auseinandersetzung über Stabilität und Menschen-
rechte, also über die Grundfragen der Ostpolitik, wenn wir uns z. B. unser
Verhältnis zu China ansehen? Wir haben im Bundestag im Laufe des letzten
Jahres so manche Debatte zu dieser Frage geführt. Die Bundesregierung hat
entsprechend gehandelt. Es ist klar, daß Deutschland nicht unberücksichtigt
lassen will, daß China eine Stimme im Sicherheitsrat hat. Aber was ist Ihre
Meinung: Wie sollte man z. B. China gegenüber reagieren, wenn man Lehren
aus der Ostpolitik ziehen will?

Abg. Koschyk (CDU/CSU): Meine erste Frage richtet sich an Frau Sabatova.
Mir ist aufgefallen, daß Sie bei der Beschreibung der theoretischen Grundlage
der Charta 77 in weitaus stärkerem Maß auf die politischen Menschrechtspakte
der Vereinten Nationen als auf die KSZE abgehoben haben. Herr Poppe hat
im Hinblick auf die Formulierung der theoretischen Grundlagen der Gruppe
Frieden und Menschenrechte sehr stark die KSZE betont. Ich sage das deshalb,